Tag 30: Der Tag der schlechten Straßen…
Der heutige Tag steht ganz im Zeichen schlechter Schotterstraßen und Feldwege. Etwas unfreiwillig testen wir so die Trikes auf ihre Offroadtauglichkeit…
Früh morgens verlassen wir die letzten Ausläufer des Eisernen Tores, Bulgarien ist nicht mehr weit. Frohen Mutes folgen wir dem Donauradweg am Wasser entlang, schließlich ist dieser als gut asphaltiert in unserer Karte verzeichnet, erst einige Kilometer später soll die Straßenqualität schlechter werden… Völliger Blödsinn, schon nach ein paar hundert Metern verwandelt sich unser wunderbarer Weg in einen zugewucherten, abschüssigen Feldweg. Die Trikes schlagen sich ganz gut, wir kommen langsam aber stetig voran. Ein paar unangenehme Schlaglöcher sorgen trotzdem dafür, dass wir ordentlich durchgeschüttelt werden und durch den seitlich abschüssigen Straßenverlauf kommen wir manchmal in bedrohliche Schieflage…

Den Abschluss bildet dann aber ein beachtlicher Schutthaufen mitten auf der Straße: Hier hat wohl kürzlich ein LKW seine Ladung verloren.. Mit ein wenig Anlauf walzen wir das seitliche Gebüsch platt und kommen gut vorbei. Hier hat das hohe Gewicht der Räder doch seinen Vorteil: Manchmal fährt es sich wie ein Panzer, die armen Sträucher haben keine Chance.
Schließlich erreichen wir unseren Pausenplatz für die Mittagszeit und sagen uns: Nie wieder schlechte Schotterstraßen (wenn es nicht unbedingt sein muss)!
Aber schon am gleichen Abend kommt es mal wieder ganz anders: Eigentlich sollten es nur noch ein paar Kilometer über die bulgarische Grenze werden, aber dann übersehen wir den Abzweig zu unserem Zielort an der Donau, sind zu faul zum Umkehren und lassen uns auf eine “Abkürzung ” ein…



Die “Abkürzung beschäftigt uns lange über den Einbruch der Dunkelheit und wir zweifeln schon daran, dass diese Horrorstrecke je ein Ende hat. Zwischenzeitlich reißt Jans Kette, Marius kippt in den Graben und wir bleiben in Diversen Schlammlöchern stecken…Aber schlussendlich erreichen wir doch müde und hungrig einen kleinen Ort. An der Donau fragen wir ein paar Fischer nach dem Weg und einem Restaurant, weil wir uns nicht sicher sind, ob unser Gas noch ausreicht… Wir verstehen uns kaum und beschließen schließlich, einfach an Ort und Stelle unser Zelt aufzuschlagen. Kurze Zeit später kommt einer der Fischer zurück, mit einer Tüte voll mit Brot, Käse, Tomaten und Oliven. Wer nach einem Restaurant fragt und keines bekommt muss wohl kurz vorm Verhungern sein. Wir bedanken uns für die nette Unterstützung und der freundliche Bulgare macht sich wieder auf den Heimweg.

Uns wird unser Abendbrot überreicht und Marius präsentiert Jans verdreckten Rucksack.

Ende 30. 118km, ø18km/h, W: heiß, S: gut, Sch: 0g
Ort: Vrav, Wild am Ufer
Tag 31:
Unser letzter Tag an der Donau, dann werden wir uns auf den Weg nach Süden machen. Wir machen in der hübschen Kleinstadt Vidin Mittagspause. Bei dem Versuch ein Mittagsessen zu Kochen gibt auf halber Strecke der Gaskocher auf und der Benzinkocher spritzt auch lieber mit Benzin durch die Gegend als Reis zu kochen. Wir richten leider eine Sauerei mit dem Benzin an und nach einiger Zeit und teuren Telefonaten nach Deutschland ist klar: Die Pumpe ist im Eimer.
Und auch die Suche nach einer neuen Gaskartusche verläuft erfolglos. Wir haben uns vom Verkäufer im Wiener Outdoorgeschäft erzählen lassen, auch für Schraubkartuschen sei überall Ersatz zu bekommen. Wir erblicken zwar einen Haufen an Stech-, aber keine einzige Schraubkartusche. Also gibt es die nächsten Tage kein warmes Essen…

Den Abend verbringen wir in einem kleinen Ort, wo wir mit den Trikes neugierig empfangen werden. Ein junger Mann fährt unter dem Beifall seiner Freunde eine Runde Probe und wir treten zu einem Kickerspiel an. Recht frühzeitig geht es dann aber doch wieder zum Zelt, morgen steht uns ein anstrengender Tag mit dem ersten Teil des Passes nach Sofia bevor…


Ende 31. 90km, ø15km/h, W: gut, S: gut, Sch: 0g
Ort: Archar, Wild an Landstraße
Tag 32:
Zuerst geht es durch hügeliges Gelände nach Montana, wo wir den Mittag an einem See verbringen wollen. Die leichten Steigungen strengen uns sehr an, oft müssen wir absteigen und schieben die Berge hinauf. Fahren ist zwar möglich, aber bei gleicher Geschwindigkeit doppelt so anstrengend, Außerdem springt Jans Kette immer wieder über, sodass er einige Male ins leere Tritt.
Wir durchqueren ärmliche Bauerndörfer, die ein wenig wirken, als seien sie in der Zeit stehen geblieben. Hier sind noch einige Eselskarren unterwegs, die Tiere nehmen aber leider vor uns Reißaus. Ein Esel zieht seine Kutsche inklusive Fahrer in den Graben, ein Pferd rennt gegen ein Verkehrsschild und der unglückliche Kutscher kann es gar nicht mehr bändigen und ein dritter Esel reißt sich von seiner Halterung los. Unser Anblick muss wohl etwas raubtierhaftes haben, vor den vorbei rauschenden LKWs haben die Tiere keine Angst…

Unser angestrebter See entpuppt sich als weniger schöner Stausee mit einem teuren und häßlichen Schwimmbad am Ufer… Wir klettern über eine Mauer und nehmen trotzdem ein Bad.
Die Mittagshitze verbringen wir in Montana, einer recht schönen kleinen Stadt mit erstaunlich vielen Brunnen. Die Steigungen haben uns geschafft und wir denken darüber nach, die Trikes zurück nach Deutschland zu schicken und die Reise auf normalen Rädern fortzusetzen. Die kleinen Hügel waren nur ein Vorgeschmack, auf das, was uns erwarten wird und wir könnten so fast 20 kg pro Person einsparen, die dann nicht mehr den Berg hinauf gekämpft werden müssen.


Zuerst jedoch geht es weiter, um für den nächsten Tag eine gute Position für den großen Pass zu erreichen. Jans Schaltungsprobleme verschlimmern sich und es wird klar, dass nach etwas über 2000km das hintere Ritzelpaket verschlissen ist. Wir können also nichts reparieren und beschließen nicht ganz ohne Erleichterung, bis nach Sofia zu trampen oder den Zug zu nehmen. Am gleichen Abend nimmt uns niemand mehr mit, mit den Trikes kommt für uns sowieso nur ein Lastwagen oder Transporter, möglichst mit Pritsche, in Frage.

Ende 32. 101km, ø14km/h, W: enorm heiß, S: mittelmäßig, Sch: 0g
Ort: Barzia, Wild neben LKW
Tag 33: Abenteuer Bahnfahrt
Nachdem wir etwa 2 Stunden vergeblich auf eine Mitfahrgelegenheit gehofft haben, entschließen wir uns schließlich, auf die Bahn umzusteigen. Also auf zum Bahnhof! Dort stehen wir wieder vor dem schon bekannten Kommunikationsproblem, irgendwann wird aber klar, dass etwa 2 Stunden später ein Zug nach Sofia abfahren wird. Als die Bahnbeamten dann aber unsere Räder sehen, werden sie etwas aufgeregt. Es wird viel hin- und her telefoniert und wir beteuern, die Trikes auf ein geringes Packmaß bringen zu können… Als der Zug dann endlich einfährt, erscheint uns die ganze Aufregung ungerechtfertigt: Es gibt ein großes Gepäckabteil mit einer breiten Flügeltür. Wir machen es uns erleichert im Abteil gemütlich, schließlich soll die eigentlich nur 70 km lange Strecke 4 Stunden dauern.

Dann wird es aber doch noch mal spannend: Der Schaffner kommt herein und erklärt uns mit Handzeichen, dass wir umsteigen müssen, und zwar sofort. Damit haben wir nicht gerechnet… Schnell packen wir alles zusammen und stürzen aus dem Zug. Die Beamten fordern uns ungeduldig zur Eile auf, aber wir können kein Gepäckabteil finden. Wir sehen den Zug schon ohne uns davonfahren, schaffen es aber dann doch hektisch Einiges zu demontieren und die die Trikes in den Zug zu wuchten.

Die Trikes mit Platz … und ohne….

Die Fahrt führt uns durch eine gebirgige Landschaft, die uns sehr an den Tarn in Südfrankreich erinnert. Eine Straße schlängelt sich neben einem Fluss durch ein enges Tal, von Mal zu Mal eine alte Brücke und Felsen, die unsere Klettererfinger zum jucken bringen. Vielleicht ein andermal.
Am Abend erreichen wir endlich Sofia, hier haben wir eine Adresse zum Couchsurfen. Schnell sind die Räder wieder fahrbereit und wir machen uns auf den Weg durch einen Dschungel an Hochhäusern aus der kommunistischen Zeit Bulgariens. Hier gibt es keine Straßennamen, sondern ein undurchschaubares Nummernsystem und aus Gründen der Anonymität im Netz haben wir nicht mal den richtigen Namen unserer Gastgeberin, die auf dem Handy nicht zu erreichen ist. Müde gehen wir noch ein letztes Mal ihre Beschreibung durch und haben Glück: Plötzlich bimmelt das Handy und sie ist mit perfekten Deutsch am Apparat. Wir verabreden uns für eine Stunde später und fahren ein paar Meter zu einem Lokal, wo wir prompt auf ein Bier und bulgarischen Schnaps eingeladen werden. Hungrig wollen wir noch etwas zu Essen bestellen und Jan werden im unbekannte “French Fries” angeboten. Mit der Grundannahme, dass Lebensmittel entweder Fleisch oder Käse enthalten, ordert er diese natürlich mit Käse… Also essen wir an unserem ersten Abend in Sofia tatsächlich ganz leckere Pommes mit Käse, bis unsere uns Gastgeberin abholt. Wir haben ein eigenes kleines Zimmer, bauen unser Nachtlager auf und fallen müde ins Bett.
Ende 33. 15km, ø15km/h, W: heiß, S: gut, Sch: 0g
Ort: Sofia, Couchsurfing
Tag 34:
Den heutigen Tag haben wir der großen Aufgabe gewidmet, die Trikes wieder zurück nach Deutschland zurück zu schicken. Den Entschluss dazu haben wir in den letzten Tagen gefasst. Es war für uns keine leichte Entscheidung, wir haben unglaublich viel Zeit, Mühe und Hoffnung in diese Räder gesteckt und wissen auch um die Enttäuschung auf Seiten unserer Sponsoren. Aber wir haben diese Reise angetreten, um ein schönes, spannendes und natürlich auch manchmal anstrengendes Jahr zu erleben und nicht um den Beweis anzutreten, dass all unsere Planungen in die Tat umzusetzen sind.
Zuerst hatten wir geplant, die Räder per DHL Sperrgut zu versenden, stellen dann aber fest, dass allein der rohe Rahmen das Packmaß übersteigt…Gemeinsam mit unserer unglaublich hilfsbereiten Gastgeberin, die in einem Internat in Deutschland gearbeitet hat, tüfteln wir den ganzen Tag an möglichen Variante und verwerfen sie wieder… Schließlich erklärt sich ein Bekannter der jungen Bulgarin von einem Logistikunternehmen bereit, die Räder sogar am Sonntag abzuholen. Beruhigt machen wir uns auf in die Innenstadt, ein bisschen von Sofia wollen dir dann doch noch erleben. Jeden Abend findet hier eine kostenlose Stadtführung (Free Sofia Tours) statt, die uns sehr gut gefällt.


In Sofia gibt es heiße Quellen, die öffentlich zuganglich sind. Hier macht man sich kurz frisch oder holt in großen Kanistern das Trinkwasser für die nächste Woche.



Es gibt eine Reihe an Ausgrabungen aus der der Zeit der römischen Herrschaft und eine große Vielfalt an religiösen Gebäuden. Kirchen der unterschiedlichen christlichen Glaubendrichtungen (Bulgarien ist hauptsächlich orthodox) eine Moschee und eine Synagoge oder Kuriositäten wie eine Kirchen mit Glocke im Baum..



Ende 34. 10km, ø10km/h, W: heiß, S: gut
Ort: Sofia, Couchsurfing
Tag 35:
Heute Abend wollen wir den Bus nach Istanbul nehmen, also müssen wir nochmal unser Gepäck dezimieren, um es auf die angestrebten zwei Taschen plus Rolle für jeden zu bringen. Heute soll alles nach Deutschland geschickt werden. Wir freuen uns auf einen neuen Abschnitt unserer Reise: Neue Räder, neuer Kontinent, neues Glück!
Aber leider geht es doch nicht so richtig voran. Unser Logistikunternehmer ist nicht zu erreichen und wir sind wieder auf der Suche. Vielleicht kann ein Reisebus die Räder mitnehmen? Nein, zu schwierig, nicht heute, nicht ohne Begleitperson… Wir werden wohl doch mit Sack und Pack in Istanbul eintreffen, vielleicht bietet sich da eine Möglichkeit mit einem Busunternehmen.

Das soll zurück… und das bleibt da!

In Sofia hat es geschneit! Vor der Demontage für den Bustransport werden die Trikes von dem Dreck der letzten Schotterpisten gereinigt.

Ein Schluck gefällig? Marius bringt unsere Benzinreste in einer PET-Flasche an den Mann. Währenddessen erhalten die Räder den letzten Schliff.

Blitz blank, fast wie neu… so sahen sie schon lange nicht mehr aus.

Wir sind unterwegs, die Türkei ruft…

Ende35 . 0km, ø0km/h, W: heiß, S: frohen Mutes, Süßes: 100g
Ort: Sofia-Istanbul, Bus
—Deutschland-Österreich-Slovakei-Ungarn-Serbien-Bulgarien-Türkei-Iran-Turkmenistan-Usbekistan-Kasachstan-Kirgistan-China—